Montag, 8. November 2004

In eigener Sache
In eigener Sache

Die Ver-google-isierung...

des Unterrichts?
Szene: morgens um 8 entert eine 10. Klasse die Bibliothek - sie sollen recherieren zum Thema "Fremde Kulturen". Ohne sich groß mit so was wie Büchern aufzuhalten, geht es sofort los auf die Internet-PCs. Kurze Zeit später beginnt der Netzwerkdrucker einige Seiten auszuspucken. Die meisten SchülerInnen haben dann schon auf die Chatline umgeschaltet. Nach einer halben Stunde ist der Spuk vorbei. Allzuviel kann nicht herausgekommen sein. Aber man hat ja was vorzuweisen und eben - man hat "recherchiert".
Und was haben sie gefunden, Informationen !? Doch dazu bedürfte es eines sinnvollen Zusammenhanges (context) und einer Bewertung, sonst ist es schlicht "Rauschen".
jd

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https://nordenhamerbuecherei.twoday.net/stories/394116/modTrackback

bk - 9. Nov, 01:37

Informationskompetenz

Dabei kommt es natürlich darauf an, wie der Begriff Information definiert wird. Streng informationstheoretisch ist natürlich jeder neue und decodierte, d.h. irgendwie verstandene Teil einer Nachricht auch Information. Ich gehe mal davon aus, dass die "Kids" durchaus ein paar Seiten ausgedruckt haben, diese zuvor als für das Thema relevant erkannt haben. Demnach haben sie also "Informationen" gefunden. Die Frage ist also eher, was sie damit machen.

Das Anliegen des Beitrags ist natürlich klar und das Problem nicht nur von Schülern aus 10.Klassen sondern auch aus Universitätsbibliotheken wohlbekannt. Problematischer als die Tatsache, dass nur mit google "recherchiert" wird, erscheint mir der Aspekt, dass die Informationsqualität der Recherche, also der "sinnvolle Zusammenhang" nicht hinterfragt und mit anderen Quellen (z.B. Druckausgaben) abgeglichen wird.

Meine Frage: Gelingt es einer öffentlichen Bibliothek, ihre Nutzer auf die Tatsache hin zu sensibilisieren, dass Suchmaschinen wie google etc. - im Gegensatz zu sämtlichen Verlagspublikationen - Inhalte ohne jegliche intellektuelle Rückkopplung, rein auf der Zeichenebene erfassen und daher Aspekte wie Verlässlichkeit, Richtigkeit und Vollständigkeit der enthaltenen Informationen bei dieser Form der Recherche zwangsläufig unter den Tisch fallen müssen?

Einem "informationskompetenten" Nutzer mit einschlägigen Erfahrungen leuchtet so etwas selbstverständlich ein und er nimmt diese intellektuelle Prüfung selbst vor.

Wie verhält es sich aber mit der "Informationskompetenz" von 16 oder 17 Jährigen? Was kann eine Bibliothek an dieser Stelle leisten?

Dass das gedruckte Buch im Bereich möglichst zeitnaher (bzw. aktueller) Information dem Internet unterlegen sein muss, ist klar. (Das oben genannte Thema "Fremde Kulturen" zählt meiner Meinung nach nicht unbedingt direkt dazu.) Das flimmerende Monitore in ihrer Kurzzeitwirkung auf Kinder und Jugendliche anziehender wirken, da sie ein größeres "Spektakel" versprechen, ist vermutlich fast jedem aus eigenen Primärerfahrungen mir Fernseher und Computer bekannt. Daher ist die Variante, das Buch und seine Bedeutung unbedingt und ständig zu betonen in meinen Augen nicht der richtige Weg. Das es nach wie vor - besonders als Verifikationsmedium - seine Berechtigung hat, wird jeder erkennen, der länger über Informationsqualität und Internet reflektiert und Erfahrungen sammelt.
Worum es jedoch in meinen Augen geht, ist die Vermittlung einer medienunabhängigen (bzw. medienübergreifenden) Informationskompetenz und wenn die Bibliothek eine pädagogische Aufgabe haben sollte, dann, so denke ich, genau diese.

bk - 9. Nov, 11:00

Irgendwie passend zum Thema "Beurteilung der Richtigkeit von Information" ist ein Artikel in der heutigen Ausgabe der Frankfurter Rundschau, in dem es um Manipulationsmöglichkeiten bei digitalen Dokumenten geht.
Die dunkle Seite der Digitaltechnik.

plainjochen - 9. Nov, 16:48

Die Verifikation ist

nur die eine Seite des Problems.
a) was "Information" betrifft. Ich denke, es gibt kein zurück hinter das konstruktivistische Verständnis: Handeln von Jemandem, Autopoiesis. Es geht also auch um Anschlussfähigkeit von Wissen.
b) "Kompetenz" : für mich langsam ein Unwort. Heißt überspitzt ausgedrückt: ich verlagere die Verantwortung für die Bewältigung immer größerer Orientierungsanforderungen des Systems auf die Schultern der Einzelnen, stelle ihnen aber hierfür nicht genügend öffentliche Ressourcen zur Verfügung. Was die Ausselektion sozial Schwacher bedeutet. Die (Bildungs)Reichen werden reicher...
c) Infohappen: unser Schulsystem verlangt die Bewältigung einer immer größeren Stofffülle. Was ja in Sonntagsreden auch bemängelt wird, was aber niemanden daran hindert das Abi mit 12 zu propagieren. Die Schüler/innen reagieren auf die Anforderung nach Wissenshappen mit Wissenshappen. Insofern passt Google perfekt!
d) Beschleunigung: das Netz steht für die schnelle Rezeption kurzer Inhalte. Sachliteratur verlangt eine andere Art von Rezeption. Notwendig sind Zeit, Motivation, Technik , Geduld etc. Dass Lexika oft noch schneller sind verblüfft viele Schüler/innen...Doch muß dieses langsame Durchkauen auch gelernt werden. Wo?
e) Nicht bildungsdumpf pro buch - kontra internet, nein, aber das Problembewusstsein von Wissensaneignung in unserer Mediengesellschaft schärfen. Da liegt sicher auch unsere Aufgabe! Meine erste Botschaft bei Elternabenden ist immer : slow down!

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